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Die Bombadierung des Hochofenwerks Herrenwyk im 2. Weltkrieg - Die Hochofenattrappe am Hemmelsdorfer See

Am Abend des 16. Juni 1942 griffen die alliierten Luftstreitkräfte mit fünf viermotorigen Flugzeugen das Hochofenwerk an. Um 22.00 Uhr heulten die Sirenen. Der Luftschutz gab Fliegeralarm. Der Flakstand auf dem Kohleturm wurde in Gefechtsbereitschaft gesetzt und die anderen Luftschutzmaßnahmen ausgeführt.

Zunächst überflogen die fünf Maschinen, von Westen kommend, das Werk knapp unter der tiefhängenden Wolkendecke. Sie zogen eine Schleife über die Lübecker Bucht und folgtem dem Traveverlauf. Aus östlicher Richtung kommendnäherten sie sich einzeln im Tiefflug mit einer Flughöhe unter 100 Metern dem Werk. Die erste Maschine warf sechs Bomben auf die Teerdestillation und in den Raum der Pechhalle, Benzolanlage und Kokerei. Der Schein des ausgebrochenen Feuers aus der Koksofenbatterie II und der Nebengewinnungsanlage erhellte die Werksanlage. Gas und Wasser strömte aus den zerissenen Leitungen. Obwohl die wesentlichen Telefonkabel zerstört waren, konnte rechtzeitig die Leuchtgasversorgung Lübecks abgestellt und die Unterfeuerungen der Koksofenbatterien sowie der Gasabsaugung eingestellt werden. 10 Minuten später erfolgte der Angriff des zweiten Flugzeuges. Es warf seine Bomebenlast über dem östlichen Ende des Hafens und der Nordwestdeutschen Kraftwerke AG (NWK) ab. Hierbei wurden durch Druck- und Splittereinwirkung drei in der Kokerei Tätige, zwei Brandwachen und einer der Notbelegschaft verletzt. Die Explosion in der NWK war so gewaltig, daß ein großes Rohrstück 40 Meter weit in einen Umkleideraum des Hochofenwerks geschleudert wurde und ihn zerstörte.
Eine Bombe explodierte vor der Villa des Direktors und richtete dort einigen Sachschaden an. Zu dieser Zeit setzten sich drei Löschtrupps in Marsch, um den Feuerschein möglichst schnell zu beseitigen. Durch die weiteren Anflüge der angreifenden Flugzeuge wurde der Einsatz jedoch hinausgezögert. Doch lediglich einer der drei Löschzüge, der durch die Trümmerseinen Weg fand und noch eine intakte Wasserleitung finden konnte, kam zum Einsatz. Die dritte Maschine warf ihre Bombenlast zwischen Kupferhütte, Zementwerk und Sinterei ab. Ein Lokschuppen, Wasser-, Gas-, und Dampfleitungen, die Seilbahnstation und Gleisanlagen wurden schwer beschädigt, sowie Teile der umliegenden Gebäude. Der vierte Bomber beschädigte zwei im Hafen liegende Schiffe und verletzte einige Besatzungsmitglieder zum Teil schwer. Die letzte das Werk anfliegende Maschine wurde gegen 23.00 Uhr von der Luftabwehr auf dem Kohlenturm abgedrängt und warf ihre Bombe in den Ostteil des Hafenbeckens. Um 23.13 Uhr heulten die Sirenen "Entwarnung", und um 0.30 Uhr gelang es dem Löschtrupp, den Feuerschein auf dem Werk zu beseitigen.

Um die feindlichen Flugzeuge von dem Werksgelände der Hochofenwerk Lübeck AG möglichst fernzuhalten, hatte man zur Ablenkung eine Hochofenattrappe am Hemmelsdorfer See mitten im Buschwerk errichtet. Westlich von Travemünde liegt der Hemmelsdorfer See, an dessen Nordende befand sich das Scheinwerk. Südlich des Sees das Hochofenwerk an der Trave.

Das Industriemuseum beschäftigt sich zur Zeit mit alten Zeitzeugenberichten zum Thema Hochofenwerk Herrenwyk. In einem der Berichte erzählt Herr A. von der Bombadierung des Hochofenwerks im 2. Weltkrieg. Besonders interessant ist hier das Scheinwerk am Hemmelsdorfer See. Bei drohender Bombadierung war die Weisung ausgegeben worden, ein großes Feuer anzuzünden, das aus der Höhe den Eindruck eines in Betrieb befindlichen Hochofens machen sollte. Das Interview stellen wir Ihnen als PDF zur Verfügung.

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