Herrenwyk war bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts ein typischer Arbeiterstadtteil Lübecks. Das Ortsbild wurde vor allem durch das Hochofenwerk und die Flender Werft im benachbarten Siems geprägt.
Das Industriemuseum beschäftigt sich mit einem sehr wichtigen Zeitabschnitt der Lübecker Geschichte. Jahrhunderte lang hatte die Stadt hauptsächlich vom Handel gelebt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann die Industrialisierung, die sich im 20. Jahrhundert zum Motor des Lübecker Wirtschaftslebens entwickelte. Das Hochofenwerk, Werften, Maschinenbau und Lebensmittelverarbeitung waren die bedeutendsten Wirtschaftszweige, die besonders in den 1950er Jahren, zur Zeit des »Wirtschaftswunders«, Zehntausenden von Arbeitskräften Beschäftigung boten. Seit den 1980er Jahren sind immer mehr Firmen verschwunden, Tausende von Arbeitsplätzen gingen verloren, was zu großen wirtschaftlichen und sozialen Problemen in der Stadt führte.
Der Ortsteil Herrenwyk entwickelte sich im 20. Jahrhundert vom kleinen Fischer- und Bauerndorf zum Industrievorort Lübecks. 1907 nahm das Hochofenwerk seinen Betrieb auf, 1917 wurde die Flenderwerft im benachbarten Siems gegründet. Beide Werke gehörten lange Zeit zu den bedeutendsten industriellen Arbeitgebern der Stadt. Mit dem Konkurs des Hüttenwerkes im August 1981 gingen rund 1000 Arbeitsplätze verloren, mit der Insolvenz der Flenderwerft im Jahre 2002 noch einmal 850. Auch weitere kleinere Betriebe im Stadtteil mussten im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts ihre Tore schließen, die beiden Kraftwerke in Herrenwyk und Siems stellten 1992 ihren Betrieb ein und wurden abgerissen. Dieser massive Arbeitsplatzabbau veränderte die soziale Situation im Stadtteil Kücknitz drastisch.
74 Jahre lang hatte die Silhouette der drei Hochöfen dem Traveufer ein spezifisches Gesicht gegeben, das man sonst hauptsächlich aus dem Ruhrgebiet kannte, aber bestimmt nicht mit Lübeck verband. Heute dienen die ehemaligen Industrieterrains hauptsächlich für Hafenaktivitäten, kaum noch etwas erinnert an die wirtschaftlichen Aktivitäten der letzten 100 Jahre.
Das Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk befindet sich im ehemaligen Werkskaufhaus des Hochofenwerkes, am Rande der 1906/1907 errichteten Werkssiedlung. An authentischem Ort zeigt die Dauerausstellung »Leben und Arbeit in Herrenwyk« die Geschichte des Werkes und seiner Arbeiter, deren Arbeits- und Lebensbedingungen vor allem in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts dargestellt werden. Eine kleinere Dauerausstellung zeigt die Geschichte der Flenderwerft und ihrer Arbeiter. Eine weitere Dauerpräsentation unter dem Titel »Ich erinnere mich nur an Tränen und Trauer ...« befasst sich mit dem Schicksal der Zehntausenden von Zwangsarbeiter/innen und Kriegsgefangenen, die während des Zweiten Weltkrieges in der Lübecker Industrie unter schlimmen Bedingungen arbeiten und leben mussten. Daneben werden zwei bis drei Sonderausstellungen im Jahr gezeigt, die sich mit der Industrie- und Technikgeschichte, der Zeit- und Kulturgeschichte sowie mit Themen der Stadtteilgeschichte befassen.
Es begann als Projekt " Geschichtswerkstatt" des Museums für Kunst- und Kulturgeschichte in den Jahren 1983 bis 1985. Eine erste Ausstellung, die nach einigen Monaten wieder geschlossen werden sollte, hatte einen so großen Erfolg in Lübeck, aber auch im ganzen Land, dass die Stadt sich entschloss, eine Dauereinrichtung daraus zu machen, die sich mit der Erforschung und Darstellung der Geschichte der Industrialisierung der Stadt und benachbarter Themen befasst. Das heutige Industriemuseum Herrenwyk. Unterstützt wird es in ihrer Arbeit durch einen Förderverein, den »Verein für Lübecker Industrie- und Arbeiterkultur« - http://www.vliak-herrenwyk.de/
Das Industriemuseum ist neben Sammlungen in Elmshorn, Neumünster und Kiel eines von wenigen Museen seiner Art in Schleswig-Holstein. Diese Museen erarbeiten auch gemeinsame kulturhistorische Ausstellungen, die dann in den einzelnen Häusern gezeigt werden.